Staub im Feuer by Solèr Ernst

Staub im Feuer by Solèr Ernst

Autor:Solèr, Ernst [Solèr, Ernst]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Grafit
veröffentlicht: 2014-04-18T22:00:00+00:00


Das Tropenmedizinische Institut der Universität Zürich liegt in bester Lage an der Sumatrastraße oberhalb der Stadt. Während ich mich in einem unserer Dienstwagen über das verstopfte Central kämpfe, klingelt mein Natel pausenlos. Ich lasse es klingeln, zum ersten Mal in meinem Leben.

An der Weinbergstraße verpasse ich in meiner Aufregung die richtige Einfahrt und lande in einer Einbahnstraße. Aber heute können sie mich alle mal. Ich überschreite unzählige Verkehrsregeln, hupe entschlossen korrekt entgegenkommende Fahrzeuge zur Seite und bin dann endlich vor dem Institut. Ich parkiere direkt vor dem Haupteingang. Das Natel, das schon wieder nach Aufmerksamkeit jault, werfe ich entnervt auf den Rücksitz.

»Anna Staub«, schleudere ich der erstbesten Person entgegen, die mir im Gebäude begegnet. »Wo finde ich sie?«

Die Person in Gestalt einer weiß gewandeten, rothaarigen Frau etwa in Annas Alter wagt nicht, irgendwelche Gegenfragen zu stellen, und schickt mich eilfertig in den dritten Stock. Dort müsse ich mich immer links halten, meint sie.

Mir fällt ein, dass ich das verfluchte Schreiben im Saal liegen lassen habe. Wie lautet schon wieder genau der Text? Egal.

Ich verfluche den Lift, der nicht kommt, und hetze zu Fuß die Treppen hoch. Endlich finde ich Anna in einem Labor vor Metallkäfigen mit einer Stoppuhr in der Hand.

»Papa! Was tust du denn hier?« Das Staunen ist ihr anzusehen.

»Es ist etwas geschehen, ich muss dringend mit dir reden.«

Ihr Gesichtsausdruck wechselt von Erstaunen zu Erschrecken, sie steht hastig auf und schließt die Tür. »Ist etwas mit Per?«, fragt sie mich.

Wie kommt sie denn darauf? Aber tatsächlich, ich muss auch Per informieren, so bald es geht. Und Leonie.

»Nein, nein. Es ist ...« Ich weiß nicht, wie ich es ihr sagen soll. »Du weißt doch, ich arbeite an diesem Fall. Die Erpressung der S-Bahn. Es ist eine neue Forderung eingetroffen. Sie wollen, dass du den nächsten Geldkoffer übergibst.«

»Ich?«, sagt sie und selten habe ich sie so ratlos dreinschauen sehen wie jetzt. »Weshalb denn ich?«

Ich zucke die Schultern: »Wenn ich das nur wüsste, Anna.«

»Ich hole uns mal zwei Kaffee«, meint sie und streicht mir beim Hinausgehen behutsam über die grauen Haare auf meinem Kopf.

Ich wage einen Blick in die engmaschigen Käfige und erkenne Legionen von Mücken.

»Die Erpresser müssen irgendwas mit unserer Familie zu tun haben«, sage ich, als Anna zurückkommt. »Sie kennen uns jedenfalls, so viel steht fest. Vielleicht ist das der Grund, warum sie uns in der S-Bahn haben wollen. Weil sie wissen, wie wir aussehen.«

Meine Tochter ist ratlos. Ich bin es auch. Nie war ich es mehr.

»Oder weil sie denken, sie hätten von uns nichts zu befürchten«, sagt sie.

Kein dummer Gedanke. Aber andererseits: »Das sind brutale Kriminelle, die fürchten gar nichts.«

Sie sitzt mit angezogenen Knien auf einem einfachen Holzstuhl und hält ihren Kopf leicht schief, wie immer, wenn sie intensiv nachdenkt. Ihre schwarzen Haare hat sie hochgesteckt.

»Was ist mit deinem Freund?«, frage ich. »Gewisse Kollegen von mir behaupten, er sei schwer verschuldet.«

Sie wirft ihren Kopf zurück und lacht hämisch auf: »Der schießt doch nicht auf Menschen, Papa!«

»Ich weiß schon«, sage ich. »Aber er kennt uns beide und soll in finanziellen Schwierigkeiten stecken und verschwunden sein.



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